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Das sagen die Präsidentschaftskandidatin/Kandidaten zu den Volskgruppen

Im Vorfeld zur Wahl des Bundespräidenten / der Bundenpräsidentin hat die ARGE die Kandidaten zu den Volksgruppen befragt. Befragt wurden jene Dame und Herren, die zum Zeitpunkt der Befragung die erforderlichen 6.000 Unterstützungserklärungen bereits nachweisen konnten. Ing. Richard Lugner, der die Unterstützungserklärungen erst in einer Nachfrist geliefert hat, ist nicht dabei. Von Dr. Irmgard Griss kamen keine Antworten, ihr Büro begründet es mit Terminproblemen.

Auf nachstehende Fragen bekamen wir von Ing. Norbert Hofer, Rudolf Hundstorfer, Dr. Andreas Khol und Dr. Alexander van der Bellen Anworten. Die Fragen hat Dr. Ernő Deák gestellt:

  1. Welchen Stellenwert haben die österreichischen Volksgruppen im öffentlichen Leben Ihrer Beurteilung nach?
  2. In wie fern ist die sprachlich-kulturelle Vielfalt Österreichs im Hinblick auf die österreichischen Volksgruppen perspektivisch gewährleistet?
  3. Welche rechtlich-politischen bzw. wirtschaftlichen Reformen halten Sie zur Sicherung des Fortbestandes der österreichischen Volksgruppen für unerlässlich?
  4. In welcher Form bzw. mit welchen Mitteln würden Sie als Bundespräsident für die Interessen der österreichischen Volksgruppen eintreten?

Ing. Norbert Hofer

Foto: fpoe.at

ad 1) Ich stamme aus dem Burgenland, wo das Zusammenleben der einzelnen Volksgruppen ausgezeichnet funktioniert. Die Volksgruppen sind ein wertvoller Bestandteil Österreichs und haben einen Anspruch darauf, dass ihre Lebensrechte gewahrt und die Entfaltung ihrer Eigenart auf friedliche Weise ermöglicht wird.

ad 2) Ich sehe die autochthonen Volksgruppen insofern gefährdet, als es in einem immer geringeren Ausmaß ein Bekenntnis zur jeweiligen Muttersprache und damit zur Angehörigkeit zur Volksgruppe gibt. Das finde ich sehr schade, weil diese Vielfalt und das Zusammenleben der österreichischen Volksgruppen ein echter Mehrwert für unser Land sind. Ich sehe aber auch eine wirkliche Gefahr auf Grund des hohen Migrationsdrucks. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis weitere gesellschaftliche Gruppen den Anspruch stellen wollen, als autochthone Minderheiten anerkannt zu werden. Ich sehe das kritisch. Für mich ist wichtig, dass jene Volksgruppen, die seit Jahrzehnten und Jahrhunderten in Österreich angesiedelt sind, hier ihren Platz, ihre Heimat und ihren Schutz haben und sich frei entwickeln können.

ad 3) Seit 2011 kann das Volksgruppengesetz, welches dem Schutz der Kultur und Sprache der autochthonen Volksgruppen dient, nicht mehr umgesetzt werden, weil es die benötigten Volksgruppenfeststellungen nicht mehr gibt. Es fehlen die notwendigen Informationen zur Volksgruppenförderung. Die österreichischen Volksgruppen laufen damit Gefahr, letztendlich gleichbehandelt zu werden, wie jene Zuwanderergruppen, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg in Österreich ansässig wurden. Daher muss es zum Schutz der autochthonen Volksgruppen wieder regelmäßige Feststellungen der Muttersprache und damit Volkszugehörigkeit geben.

ad 4) Die Unterstützung der Vielfalt der Sprachen, kultureller
Veranstaltungenund des engen Zusammenhalts zwischen den Volksgruppen ist
von enormer Wichtigkeit.  Der Staat hat die Verantwortung, alles zu
unternehmen, damit auch in Zukunft die österreichischen Volksgruppen ihren
festen Platz in Österreich haben.

Rudolf Hundstorfer

Foto: Rudolf Hundstorfer

ad 1) Alle Menschen haben ein Recht auf ihre Heimat, ihr Volkstum, ihre Sprache und Kultur. Eine gut funktionierende Demokratie zeigt sich daran, wie sie mit Minderheiten umgeht, welche Spielräume ihnen eingeräumt werden, welchen Stellenwert sie in der Gesellschaft haben. Ich bin der Überzeugung, dass Vielfalt eine Gesellschaft bereichert und Österreich ist dafür ein gutes Beispiel. Die österreichische Identität wurde schon immer von sprachlicher, kultureller und ethnischer Vielfalt geprägt. Für mich ist es selbstverständlich, den Bestand und die Entwicklung dieser kulturellen und sprachlichen Vielfalt in Österreich zu unterstützen, die ein Teil von uns ist. Diese gelebte Vielfalt hat Österreich zu dem offenen, modernen und toleranten Land gemacht, in dem wir heute leben dürfen und das soll auch in Zukunft so bleiben.


ad 2) Die österreichische Identität wird nachhaltig auch durch die historisch gewachsene sprachlich-kulturelle und ethnische Vielfalt unseres Staates geprägt. Für mich ist es selbstverständlich, zu dieser Vielfalt zu stehen und zu fördern. Das Recht, zum Beispiel im Burgenland die kroatische oder ungarische Sprache als Unterrichtssprache zu gebrauchen, ist in der Verfassung festgeschrieben. Für die kroatische, die slowenische, die ungarische, die tschechische und die slowakische Volksgruppe sowie die Volksgruppe der Roma wurden Volksgruppenbeiräte eingerichtet, die Bund und Länder in ihren Angelegenheiten beraten. Als Bundespräsident würde ich mein Augenmerk darauf legen, diese gesetzlich festgelegten Rechte zu hüten, denn alle Menschen haben ein Recht auf ihre Sprache und ihre Kultur.

ad 3) Ein großer und notwendiger Schritt war die Anerkennung der Roma als Volksgruppe im Jahr 1993. Obwohl sich die Lebensbedingungen der Roma seitdem deutlich verbessert haben, sind sie in vielen europäischen Ländern immer noch starken Benachteiligungen ausgesetzt. Dagegen gilt es entschieden vorzugehen, denn Diskriminierung von Minderheiten hat in unserer Gesellschaft nichts verloren. Mit dem Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten, das am 1. Juli 1998 für Österreich in Kraft getreten ist, wurde ein europaweiter Standard für die Rechte der Volksgruppen geschaffen, dessen Umsetzungsmaßnahmen kontinuierlich überwacht werden. Dem Vorschlage des leider vor kurzem verstorbenen Rudolf Sarközi, dem Vorsitzenden des Volksgruppenbeirats der Roma, auf europäischer Ebene einen Volksgruppen-Kommissar einzusetzen, kann ich viel abgewinnen. So könnten Fördermaßnahmen besser koordiniert werden.

ad 4) Österreichs Erfolgsgeschichte ist eine Geschichte des Miteinanders und des sozialen Zusammenhalts – und nicht des Gegeneinanders und Auseinanderdividierens. Ich möchte daher als Bundespräsident alles daran setzen, das Gemeinsame zu finden und ein Auseinanderdriften der Gesellschaft zu verhindern. Mir ist das Zusammenführende, das Brücken-Bauen wichtig: Daher werde ich mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedenster Interessen in Dialog treten und diese Interessen auch überparteilich und mit starker Stimme repräsentieren. Klar ist, dass an der Verbesserung der Rahmenbedingungen für die österreichischen Volksgruppen stetig gearbeitet werden muss. Ich möchte im Rahmen der Möglichkeiten des Bundespräsidenten alle in Österreich lebenden Menschen dabei unterstützen, ein Leben in Freiheit und Selbständigkeit zu führen.

Dr. Andreas Khol

Foto: Jakob Glaser

ad 1) Für mich haben die österreichischen Volksgruppen einen sehr hohen Stellenwert! Als Kenner der österreichischen Geschichte, weiß ich um deren Bedeutung. Besucht man heute den Reichsratssitzungssaal, waren sieben Sprachengruppen im Reichsrat vertreten. Deshalb hat schon das Staatsgrundgesetz aus 1867 normiert, dass alle Volksstämme des Staates gleichberechtigt sind und jeder Volksstamm ein unverletzliches Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache hat. Die Volksgruppen sind für Österreich identitäts- und kulturstiftendend.

ad 2) In einer Zeit der digitalen Kommunikation, sowie der elektronischen Medien Radio und Fernsehen ist es, nach meiner Auffassung, heute bedeutend leichter die Sprachen und Kulturen zu pflegen. Interkulturelle Kommunikation ist ein Wesensmerkmal der heutigen Zeit. Wir leben heute in einer Welt, wo die Mehrsprachigkeit ein Segen ist. Menschen, die zweisprachig aufwachsen, nämlich mit einer deutschen und slawischen oder deutschen und ungarischen Sprache, haben einen Startvorteil, gegenüber Menschen, die nur mit einer Sprache aufwachsen. Das wissen immer mehr, die zweisprachigen Schulen erfreuen sich großen Zulaufs.

ad 3) Die österreichischen Volksgruppen sind rechtlich gut abgesichert, zum einen durch das schon erwähnte Staatsgrundgesetz von 1867, zum anderen durch das Volksgruppengesetz von 1976, sowie durch die Topographieverordnung 2000. Sie wählen ihre Beiräte selbst. Die Volksgruppen partizipieren an der allgemeinen Entwicklung, sie sind Teil unserer Gesellschaft und sollten wesentlich besser gefördert werden.

ad 4) Als Freund der Volksgruppen würde ich als Bundespräsident die Volksgruppen moralisch unterstützen. Wenn es notwendig ist, würde ich auch die Macht der Worte nutzen, um mich für die Volksgruppen einzusetzen. Als glühender Europäer ist es mir ein Anliegen, dass die Kulturen und Traditionen der Regionen gewahrt werden. Ich würde Volksgruppenfeste besuchen, mit dem Bundeskanzler für eine bessere Förderung eintreten und das Volksgruppengesetz erneuern!

Dr. Alexander van der Bellen

Foto: Wolfang Zajc

ad 1) Persönlich halte ich die Volksgruppen für einen sehr wichtigen Bestandteil von Österreich. Sie repräsentieren die Vielfalt dieses Landes in seiner historischen Gewordenheit und in seiner Gegenwart. Ihr Erhalt liegt mir am Herzen.


ad 2) Wichtig ist der Erhalt der Sprache der Volksgruppen. Zwei- oder Dreisprachigkeit ist zentral für ein modernes Europa. In einem Europa mit offenen Grenzen ist es für alle Ethnien leichter, die alten Barrieren zu vergessen, die sich über Nationalismus und Segregation im letzten Jahrhundert aufgebaut haben. Meine Sorge gilt daher vor allem diesen Grenzen. Es gibt nichts Schlimmeres für eine Politik des transkulturellen Austausches als eine Rückkehr zu Grenzkontrollen und Misstrauen.

ad 3) Der Schutz der Volksgruppen ist verfassungsrechtlich abgesichert. In der Praxis sind aber die finanziellen Zuwendungen seitens des BKA seit über zwanzig Jahren eingefroren. Die staatliche Obhut scheint nur auf das im Gesetz verankerte Allernotwendigste beschränkt zu sein. Diesbezüglich haben wir noch nicht erkannt, wie  sehr uns kulturelle Vielfalt bereichert.

ad 4) Der Bundespräsident kann sich für den Erhalt und ausreichende finanzielle Zuwendungen für die Volksgruppen stark machen.